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Malaguzzi war ein Europäer

Malaguzzi war ein humanistischer Pädagoge, Weltreisender, Politiker und Organisator.
Er war ein Praktiker, der leidenschaftlich „große und kleine Menschen“ erforschte und unbeirrt den Dialog und die Auseinandersetzung mit ihnen suchte.
Genau das hat mich zu tiefst beeindruckt!
Meine ersten beruflichen Erfahrungen sammelte ich in Stockholm. Dort war ich begeistert von der vorbildlichen Integrität der Kinder im Zusammenleben in den Familien und der Preschool. (siehe anschließenden Text von Karin Eskesen)
Bis mich die „Reggio-Pädagogik“ berührte, war ich bereits „gelernte“ Mutter vom fünf Kindern und fest entschlossen, niemals in einem Kindergarten zu arbeiten. Meine Meinung von den damaligen Kitas in Deutschland war nicht besonders gut.
Doch dann berührte mich durch Zufall die „Reggio Pädagogik“, sowie die Arbeit von Rebeca und Mauricio Wild. Ihre Haltung der Nichtdirektivität entsprach exakt meiner „aus dem Herzen kommenden“ Haltung.
Nachdem meine Kinder eingeschult waren und ich mehr Zeit hatte, wollte ich es wissen: Ist es möglich, auch in Deutschland einen Kindergarten nach meinen Vorstellungen entstehen zu lassen?
Anfang der 1990er Jahre gründete ich die KitaBü. Mit meinem Team und der Elternschaft entwickelte sich die KitaBü über Jahre zu einer Werkstatt-Kita.
Wir haben uns von pädagogischen Philosophien stimulieren lassen, unsere wahren Lehrmeister waren jedoch die Kinder. Wir, die Pädagog*innen, Köchin und Elternvertreterin fuhren einige Male nach Reggio Emilia. Auf eigene Faust und wir eroberten die Stadt, das Malaguzzi Centro, die Remida und hatten Kontakt zu vielen Pädgog*innen. Wir folgten den Spuren der Reggio Pädagogik in Spanien, Dänemark und auch Schweden. Diese Reisen haben unsere Arbeit in der KitaBü sehr geprägt und uns geholfen, eine einzigartige Kita zu werden!

Wir haben aber auch gelernt, dass die Reggio Pädagogik kein Modell ist und nicht kopiert werden kann.
Malaguzzis Lebenserfahrungen, seine philosophischen Vorbilder und die Pionierarbeit mit der Politik und den fantastischen Pedagogista, Atelieristi und Eltern sind einmalig.

Wir haben in Europa viele Philosophen und Pädagogen die nicht nur uns sondern auch viele Pädagog*innen aller Länder beeinflusst haben.
Menschliche Beziehungen und humanistische Haltungen und Gedanken sind grenzenlos!

Als Nordlicht habe ich mich in meinem pädagogischen Handeln sehr von den skandinavischen Ländern berühren lassen.
Aber auch Norditalien hat mich beeinflusst. Mein Vater wurde dort 1920 geboren und hat die politischen und schwierigen Verhältnisse dieser Zeit sehr bewusst erlebt.
Ich weiß noch sehr genau, wie überrascht ich als Kind über die Lebendigkeit der Menschen in der Poebene war. Nicht nur die Piazzas waren bis spät in den Abend gefüllt von jungen und alten Menschen, sondern auch in den Hinterhöfen und sogar in den Zügen herrschte lautes und buntes Treiben.

Das ist hier in Hamburg anders!

Doch die Wellen der „Reggio -Pädagogik“ finden ihren Weg! Durch Meere, Seen, Flüsse und sogar durch Kanäle! Sie berühren uns – weltweit! Reggio -inspiriert verbunden sein – im jeweils eigenen Kontext – , macht aus jeder Kita eine einmalige Kita!
Malaguzzi hat uns wach gemacht!
Ganz nach seinem Credo: Erst mit dem Herzen sehen und dann mit dem Kopf verstehen.

Eine dänische Welle:

Karin Eskesen
Präsidentin
Det danske reggio emilia netvaerk

„Die Wertschätzung, die man Kindern in den skandinavischen Ländern entgegenbringt, die Mühe, die man auf ihre Entwicklung verwendet, und die Freiheiten, die man ihnen lässt, sind legendär. Der nordischen Tradition zufolge sollen Kinder nicht erst an die demokratische Gemeinschaft herangeführt, sondern bereits als Teil von ihr verstanden werden.
Noch heute empfinden dänische Erzieher, die offiziell „Pædagogs“ heißen, die Bezeichnung „Teacher“ oder „Lehrer“ als Verunglimpfung. Sie wollen die Kinder nicht lehren, sondern ihnen Anreize bieten; sie wollen sie nicht lenken, sondern begleiten“

Marion Tielemann

Hamburg, den 22.April 2020