Präambel:
Die Reggio-Pädagogik ist kein Modell. Sie ist eine Erziehungsphilosophie, bei der die Rechte der Kinder und ein reflektiertes Bild vom Kind eine zentrale Stellung einnehmen.
Reggio-Pädagogik konkretisiert sich in der Weise des pädagogischen Denkens, Wahrnehmens, Fühlens und (professionellen) Handelns. Dabei spielen auch die Rahmenbedingungen der elementarpädagogischen Praxis in Deutschland eine Rolle. Sie bilden die alltäglichen Umstände für den Dialog und die Interaktion mit Kindern, auch wenn sie der Weiterentwicklung oder Veränderung bedürfen.
1. Das Bild vom Kind
Jedes Kind ist ein Individuum. Das Kind verstehen wir als Konstrukteur seiner individuellen Wirklichkeit und Entwicklung. Kinder bilden sich im sozialen Kontext selbst. Sie sind von Anfang an in der Lage, sich mit ihrer sozialen Umwelt auszutauschen und sie machen sich von Geburt an, durch sinnliche Erfahrungen, ein eigenes Bild von der Welt. Ein Teil ihres Wissens erwerben Kinder in der Gemeinschaft mit anderen Kindern. Für den Aufbau von Beziehungen sind Altersstruktur und Gruppengröße wichtige Komponenten.
Kinder brauchen Unterstützung für die Bildung von kleineren Gruppen und die Möglichkeit, sowohl Beziehungen mit Gleichaltrigen einzugehen als auch Kontakt zu Kindern auf anderen Entwicklungsstufen zu pflegen. Jedes Kind hat das Recht, mit seiner eigenen Identität, seinen Bedürfnissen, Einzigartigkeiten, Unterschiedlichkeiten und in seinen individuellen Entwicklungs- und
Wachstumsstadien respektiert und geschätzt zu werden.
Entsprechend der UN-Kinderrechtskonventionen setzen wir uns für die Anerkennung der Rechte und Potenziale der Kinder ein.
2. Das Kind hat „hundert Sprachen“
Kinder brauchen vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten. Die verschiedenen Möglichkeiten der Sinneserfassung bilden die Grundlage für die vielen „Sprachen“ der Kinder. Damit ihre Sinneserfahrungen zu einer Sprache werden können, brauchen Kinder Materialien, Werkzeuge, Rollen- und darstellendes Spiel, Musik, bildende Kunst und auch symbolische Strukturen, um möglichst viele Formen der Wirklichkeitsaneignung zu erfahren, auszuprobieren und um persönliche Ausdrucksformen zu entwickeln. Die Aufgabe der Krippe, des Kindergartens und des Hortes ist, all diese verbalen und
nonverbalen Ausdrucksformen zu erschließen und ihnen die gleiche Wertschätzung entgegenzubringen. Diskutiert folgende Fragen zu dem Gedicht „100 Sprachen der Kinder“ von Loris Malaguzzi…
3. Partizipation
Kinder haben das Recht auf Mitgestaltung Partizipation ist das Prinzip und die Strategie der Art und Weise, in der die Kinder, Pädagogen und Eltern, sich an dem Kindertageseinrichtungs-Alltag beteiligen können.
Die Partizipation erschließt und nutzt die 100 Sprachen der Kinder und unterstützt Formen der Kulturvermittlung bei zahlreichen Gelegenheiten und Initiativen, um einen Dialog herzustellen, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu einer Gemeinschaft aufzubauen.
Es geht um eine achtsame, vertrauliche und dialogbasierte Beziehung zwischen Kindern, Pädagogen und Eltern. Die partizipatorische Didaktik ist eine Bereicherung für den vielfältigen Ausdruck von
Kindern.
4. Lernen im Alltag und in Projekten
Kinder lernen die Welt kennen in dem sie spielen Durch Spielen erforschen die Kinder die Welt und erschließen sich fast alles, was für
sie bedeutsam ist. Das Forschungs-Spiel nimmt sowohl im Alltag als auch in Projekten eine bedeutsame Rolle ein. Dabei sind die Materialauswahl und die Impulse in Form von einer ästhetisch
vorbereitenden Umgebung von großer Bedeutung. Die thematischen Projekte entstehen aus Beobachtungen, Erlebnissen, Gesprächen
und Impulsen der Kinder wie Erwachsene. Die Begeisterung, Impulse und die Fragen der Kinder bestimmten die Dauer der Projekte. Die Erwachsenen geben den Kindern Raum, Zeit und geeignetes Material
dafür. Den Erwachsenen kommt die Rolle des Begleiters zu, dazu gehört das Beobachten, Dokumentieren und Impulsgeben als Herausforderung und Zumutung von Themen.
5. Beobachtung und Dokumentation
Kinder erleben durch Beobachtung und Dokumentation
Wertschätzung und Stolz ihrer Tätigkeiten Die wahrnehmende / achtsame Beobachtung und Dokumentation ist ein fester und
strukturierter Bestandteil im Kindertageseinrichtungs-Alltag. Um Lernprozesse des einzelnen Kindes und der Gruppe zu verstehen, ist das aktive Zuhören Voraussetzung, um den Prozess ständig zu reflektieren, verändern und weiterzuentwickeln. Die Dokumentation dient als der Ideensammlung und als kollektives Gedächtnis.
Dokumentation ist eine Weise des professionellen Handelns sowie eine Möglichkeit zur Selbst-Evaluation. Sie macht das Lernen der Kinder sichtbar. Einerseits hilft die Dokumentation damit den Pädagogen, Bildungsprozesse zu rekonstruieren und zu reflektieren, andererseits hilft sie den Kindern, ihre Lernprozesse zu überdenken, zu strukturieren und ihre eigenen Lernstrategien zu erkennen und zu
verbessern.
6. Der Raum als „dritter Erzieher“
Kinder brauchen eine Raum- und Materialvielfalt für ihre Gedanken
Räume wirken als reichhaltige, vorbereitende Umgebung, die den Kindern sowohl Anregung und Herausforderung bietet als auch Geborgenheit und Rückzugsmöglichkeiten. Die Innen- und Außen-Räume sollen die Neugier und Erkundung der Welt möglich machen und Kommunikation begünstigen. Räume verändern sich durch die Themen der Kinder. Die ästhetische Raumvorbereitung und Materialpräsentation fordern die Kinder heraus, an Lernprozessen auch über einen längeren Zeitraum anzuknüpfen und diese weiter zu
verfolgen. Sie können als Gruppenräume strukturiert sein, wie auch als Werkstatträume zum Beispiel für: Atelier, Bau- und Konstruktionswerkstätten, Rollenspiel, Naturwissenschaft, Musik, Bewegung, Entspannung, Restaurant, Naturspielräume etc.
Einrichtung und Material haben durch die Präsentation Auforderungscharakter, bieten ordnende Orientierung, ermöglichen unterschiedliche Perspektiven, fordern verschiedene Wahrnehmung heraus und laden zum forschenden Lernen ein.
7. Die Rolle der Pädagogen und die Bedeutung des Teams
Lernende Organisation – Stärken des Einzelnen und des Teams
Die Anerkennung der Selbständigkeit ist die Grundlage des ädagogischen Handelns. Prozesse der Verständigung zwischen Kindern und Pädagogen stellen sicher, dass die Erwachsenen wahrnehmen und berücksichtigen, was Kinder in ihrer Bildungsphase einbringen. Wahrnehmendes, entdeckendes Beobachten bildet einen wesentlichen Teil des professionellen Handelns. Pädagogen sind kompetente Partner in kindlichen Forschungsprozessen. Sie arbeiten miteinander, reflektieren ihre Arbeit sowohl im Team als auch mit den anderen Einrichtungen und lernen dabei voneinander. Das Einbringen von Stärken und die Nutzung von Gestaltungsspielräumen zeigt einen
interessierten und reflektierten Pädagogen. Regelmäßige Praxisberatung, Fort- und Weiterbildung Einzelner und mit dem
Gesamtteam ermöglichen Qualitätssicherung der pädagogischen Arbeit. Regionaler, nationaler und internationaler Austausch wird angestrebt. Die permanente Weiterentwicklung ist Recht und Pflicht jedes einzelnen Mitarbeiters und des ganzen Teams. Sie ist im Rahmen der Arbeitszeit vorgesehen und sollte Inhalte zur Diskussion anregen.
8. Erziehungspartnerschaft mit Müttern und Vätern
„Eltern sind die Experten ihrer Kinder“ Ihr sind Dialog- und Erziehungspartner des Teams. Die Lebenslage der Familie sowie
ihre Kompetenzen sind wichtige Bezugspunkte des pädagogischen Handelns. Die Bildungsprozesse der Kinder werden durch Dokumentation sichtbar gemacht. Eltern werden so an Denk- und Handlungsprozessen der Kinder beteiligt.
9. Gemeinwesen Orientierung
„Für die Erziehung und Bildung von Kindern braucht es ein ganzes Dorf“ Die Kita ist Bestandteil des öffentlichen Lebens und kooperiert mit anderen Institutionen. Die Verknüpfung der Erfahrungen der Kinder mit dem Gemeinwesen, indem sie leben, und die Offenheit der Kindertageseinrichtung gegenüber Eltern, Nachbarn und Experten, sind wesentlicher Bestandteil der elementarpädagogischen
Arbeit. Die Arbeit in der Kindertageseinrichtung steht dabei in Wechselwirkung mit der Umgebung. Die Erfahrungen der Kinder mit Kunst und Kultur, Verkehr und Kommunikation, Handwerk und Gewerbe, Bildung und Forschung realisieren sich sowohl in dem
Austausch von Personen und Orten außerhalb der Einrichtung als auch in dem Hineinholen von Repräsentanten dieser Bereiche.
10. Konzeptionelle Weiterentwicklung
„Lebenslanges Lernen, reflektieren und Weiterdenken“
Die Kindertageseinrichtung ist eine ständig im Wandel befindliche lernende Organisation. In diesem Zusammenhang überprüft das Team in regelmäßigen Abständen seine Praxis und nimmt im Hinblick auf die Umsetzung der genannten Punkte notwendige Veränderungen vor.